Montag, 27. September 2010

sprachlos glücklich

Die Schwester meiner Freundin zieht mit ihrem neuen Mann, ihrer neuen Liebe zusammen. Das junge Glück renoviert die ersten gemeinsamen, eigenen vier Wände, und wenn man die Zwei so beisammen sieht, ist man von Herzen gerührt, wie harmonisch sie miteinander umgehen. "Wenn sie sich doch nur besser verständigen könnten", sagt meine Freundin. Denn ihre Schwester ist Deutsche mit wenig Spanisch im Sprachgebrauch, ihr Mann Spanier ohne Deutschkenntnisse. Ich finde das geradezu perfekt! Ich erinnere mich noch mit verträumtem Lächeln auf dem Gesicht an die ersten Wochen und Monate, als ich gerade meinen wunderbaren Ehemann kennengelernt hatte. Er war kein Held der großen Worte, aber die Rosen, die er mir damals in die Redaktion schickte, sprachen Bände. Und dabei war es gar nicht wichtig, sondern einfach "nur" wunderschön, dass er Blumen sprechen ließ, denn auch sonst sagten sein Handeln und Tun mehr als tausend Worte. Er war für mich da, sah mich an, und sah, wer ich war. Das ist auch jetzt noch so, und ich bin unendlich dankbar dafür. Doch bis heute haben wir auch wenige heftige und anstrengende Diskussionen erlebt. Dazu sehr viele inspirierende Gespräche über unser Geschäft, manchmal noch mitten in der Nacht. Und das will wirklich gelernt sein. Wie viele Paare erleben wir in unserem Laden, die sich nichts zu sagen haben. Die sich manchmal gar nicht wahrnehmen - egal, ob sie miteinander reden oder schweigend nebeneinander her leben. Auch sehe ich oft in der Praxis, wie wenig sich Menschen tatsächlich verstehen, obwohl sie permanent miteinander im Wortwechsel sind. Der eine redet von Äpfeln, der andere von Birnen, und das permanent, und sie kriegen noch nicht einmal einen ordentlichen Obstsalat zustande. Kommunikation besteht aus so viel mehr als nur aus Worten. Mein Spanisch ist auch nach all den Jahren auf Mallorca noch äußerst dürftig. Und dabei habe ich Spanisch sprechende Klienten, mit denen ich mich hervorragend verstehe. Wir könnten uns nie und nimmer über Politik unterhalten, oder über Kunst. Aber ich kann sie fragen, wie sie sich fühlen. Und sie dabei anschauen. Und sehen. Und sie fühlen sich verstanden. Auch wenn ich wieder einmal mit der Grammatik jongliere. Dann lachen wir eben zusammen. Und sie helfen mir, in dem sie mich sprachlich verbessern. Oder wir sprechen Englisch. Denn wir wollen uns verstehen. Äußerst produktiv. Reiki beispielsweise bedarf dann gar keiner Worte. Oft sind die Menschen sogar sehr, sehr froh, einmal nicht reden zu müssen. Sie schlafen gerne bei den Behandlungen ein, schlummern ein bisschen, oder gehen in einen inneren Dialog. Das geht auch. Ich habe mir auf Spanisch auch nur ganz bestimmte Worte angeeignet. Ich könnte nie jemanden auf Spanisch beschimpfen, aber ich kann Worte übersetzen wie "Glück, Freude, innerer Reichtum, Entspannung, Heilung, Vertrauen, Selbstbewusstsein"; und weiß was "liebenswert" oder "lustig" bedeutet. Irgendwie reicht mir das im Moment. Und so wünsche ich der Schwester meiner Freundin, dass sie sich mit dem Spanischsprechen lernen ruhig Zeit lässt, dass sie noch lange nicht mit ihrer großen Liebe streiten kann, egal in welcher Sprache, dass sie gemeinsam Lösungen ohne viel Worte finden und ganz, ganz viel Zeit für einander haben, um herrlich gemeinsam zu schweigen.

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