Dienstag, 31. August 2010

helft uns, euch zu mögen

Gerade heute ärgere dich nicht, lautet eine weitere Reiki-Lebensregel. Eine Provokation in fünf Worten, besonders jetzt, wo doch die Radsportler wieder einmal Mallorca heimsuchen. Heute ist mir nicht nach Sanftmut, heute muss ich mich geradezu ärgern, weil sich sonst ungesund viel heiße Luft in mir aufstaut. Und so geht es einigen unserer Bekannten zur Zeit, alles Inselbewohner, egal ob spanischer, deutscher, englischer Herkunft. Und da zücken die Sanftesten unter ihnen schon mal locker den Mittelfinger, lassen knallharte Schimpfworte in der Luft explodieren - man hätte sie aus diesen Mündern nie und nimmer für möglich gehalten. Dabei freuen wir uns hier auf Mallorca über jeden Touristen, jeden Gast, von ganzem Herzen. Bis dieser sich in seine Radkluft zwängt und mutiert. Zum Gefahrensucher wird, zum Piraten auf zwei Rädern, der weder Tod noch Teufel fürchtet. Alle verantwortungsvollen Radsportler der Welt mögen mir an dieser Stelle des Wutausbruchs verzeihen, auch, dass ich jetzt mal gerade ins Pauschalisieren verfalle. Generell bin ich für alles zu haben, was den Menschen Freude bereitet, sie glücklich macht ...... Aber bitte, wer es nicht glaubt, was hier los ist, der schaue sich einmal in der Hochzeit des Radsports auf Mallorca - einmal im Frühjahr, einmal im Herbst - die Situation auf der Verkehrsstrecke zum Kloster Lluc an: Berge, Serpentinen, enge Fahrbahnen, auch mal Steine auf der Straße oder Geäst. Ganz viel Natur. Also wahrlich keine Rennstrecke, denke ich. Aber was weiß ich schon. Während ich langsam hoch in die Berge fahre, untrainiert wie ich bin, natürlich mit meinem Auto, und den wunderschönen Blick genieße, passiert in Sekundenbruchteilen, was ich kaum beeinflussen kann. Konkret auf meiner Fahrbahnseite und direkt auf mich zu brettert ein Radsportler. Highspeed. Kurve geschnitten wäre untertrieben. Und ich bete in diesem Moment des Grauens, dass alles gut ausgeht, dass die marode Straße oder ein Tannenzapfen ihn nicht zerreißen und mich mit. Meinen Fuß wie Blei auf der Bremse, weine ich fast vor Erlösung, als der Radfahrer noch rechtzeitig die Kurve kriegt und haarscharf an mir vorbei düst, und genauso schnell in die nächste Kurve abwärts hineinschießt. Sein verzerrtes Gesicht noch schemenhaft vor Augen, trifft mich prompt der nächste Schreckensblitz, denn die Meute folgt. Genau so ein Radler kommt selten allein. Und wenn ich genau lausche, höre ich sogar noch über das Rascheln des Windes in den Bäumen hinweg die aggressiven Rufe zum Vordermann, bloß nicht zu bremsen. Gerade heute ärgere dich nicht - wie soll das, bitte schön - in so einer Situation funktionieren? Dass man beim Sport auf diese Art und Weise sein Leben riskiert, möchte ich gar nicht beurteilen, aber dass so viele andere Verkehrsteilnehmer mit hinein gezogen werden, doppelt und dreifach aufpassen, damit alle heil von A nach B kommen, das ärgert mich. Zumindest heute. Ich möchte niemanden als menschliche Kühlerfigur aufgabeln, ich möchte niemanden verletzen. Ich möchte die Radfahrer mögen und mich darüber freuen, dass sie ihren Spaß auf Mallorca haben. Aber bitte: helft uns anderen, euch zu mögen.

Montag, 30. August 2010

die Macht der kleinen Dinge

Gesternabend ist meine Spülmaschine gestorben. Mit gurgelnden Geräuschen erlosch ihr Lebenslicht nach halbem Spülgang. Und ich bin in Trauer. Die Menschen, die noch nie eine solch sagenhafte Erfindung unserer Zeit genossen haben oder sie auch schlichtweg ablehnen, werden mich natürlich nicht verstehen können. Mir ist meine Spülmaschine heilig. Wie dem anderen der Fernseher, die Bundesliga, das Eis mit Sahne, die Clutch von Gucci. Auf mache Dinge in unserem Leben möchten wir nicht verzichten. Sie machen uns glücklich. Sie sind uns Antrieb und Halt. Schon seinerzeit, als Studentin im fernen Marburg an der Lahn, war eine - nicht diese - Spülmaschine meine treue Begleitung. Und das in der damaligen Öko-Hauptstadt Hessens, wo sich die sogenannten Uni-Hexen die Latzhosen lila färbten und aus Prinzip kein Deo benutzen. Gemeinsam mit meiner Kaffeemaschine waren wir ein tolles Gespann, meine Spülmaschine und ich. Ich hatte mir seinerzeit tatsächlich hochgerechnet, wieviele Stunden man so durchschnittlich mit Spülen verbringt, und das war mir eindeutig zu viel Zeit meines Lebens. Ich bin dann lieber ein paar ordentliche Stunden mehr jobben gegangen, habe am Fließband Plastikflaschen für Supermärkte in Kartons verpackt, im Fitness-Studio (ja ich!) an der Saftbar gearbeitet, Töpferwaren verkauft, in ner Videothek ausgeliehen und zurückgenommen, Nachhilfe in Englisch gegeben und schließlich eine herrliche Stelle bei bezaubernden Zwillingen als mehrmals wöchentliche Tagesmutter gefunden. Mit denen durfte ich dann schwimmen gehen. Nebenbei bin ich sogar zum Studieren gekommen, habe meinen Kommilitoninnen aber nie verraten, dass ich stolze Besitzerin einer Spülmaschine war. In den Dünen von Bloomendaal an Zee, Nähe Amsterdam, wo ich traumhafte Zeiten in meinem alten VW-Bus verbracht habe, fehlte sie mir schon ein wenig und dann auch wieder nicht, hey, schließlich gab es Heineken und Coke light in Dosen, die Fischbrötchen wurden gleich auf der Hand gegessen, und - also bitte - wer nörgelt schon beim Spülen mit Blick aufs Meer. Tja, und da bin ich wieder. Spülen per Hand mit Blick aufs Meer, denn das sehe ich immerhin von meinem Küchenfenster aus in seiner ganzen Schönheit. Und außerdem ist bald Weihnachten! Die email an den Nordpol ist schon raus, lieber, lieber Weihnachtsmann, in diesem Jahr bitte keine Brillianten, Pelze um Gottes Willen nie, kein Parfum, nur den Weltfrieden und eine neue Spülmaschine.

Samstag, 28. August 2010

heute habe ich keine Lust

Hab ich heute frei? Denn heute hab ich keine Lust. Wozu? Zu gar nichts. Dabei geht es mir gut. Sehr gut. Ich bin weder depressiv noch desillusioniert. Mir ist auch nicht langweilig, noch bin ich ideenlos. Ich habe einfach keine Lust. Dieses tiefe, an die Oberfläche meines Seins drängende Gefühl des absoluten Nichts-tun-Wollens. Einfach mal nicht zu seinem Leben hingehen. Na, wie verführerisch ist das denn? Als Selbstständige überlegt man sich das allerdings nicht nur zweimal. Dabei geben wir hier auf Mallorca im Sommer alle unser Bestes. Während andere Urlaub machen, geben wir alles, damit deren Urlaub besonders schön und angenehm wird. Bei den Saison-Kolleginnen und -Kollegen, die ich kenne, ist das so. Egal, ob in der Gastronomie, im Wellnessbereich, an der Rezeption. Von den Mallorcagästen manchmal unterschätzt, doch eine unumstößliche Tatsache. Wir gehen an die Grenzen unserer Kräfte und manchmal zu oft darüber hinaus. Eine ebenfalls selbständig arbeitende Freundin erzählte mir von einem "blauen Tag", den sie sich letztens nahm und fast nicht gegönnt hätte. Das schlechte Gewissen sich selbst gegenüber nagt, denn der nächste Mallorcawinter und damit die finanzielle Saisonpause kommt bestimmt. Dabei war sie sogar krank und hatte unter schlimmen Kopfschmerzen zu leiden. In Deutschland wäre für Angestellte ein Krankenschein die flotte und auch absolut legitime Lösung gewesen, doch hier überlegt man - wieder einmal - nicht nur zweimal. Dabei werde ich mich keinesfalls beschweren. Ich lebe hier in meiner Wahlheimat, auf meiner Insel, als Gastarbeiterin, im Paradies. Es vergeht nicht ein Tag, an dem ich nicht dankbar dafür bin. Und dennoch. Heute habe ich keine Lust. Da kommt mir eine weitere Reiki-Lebensregel zu Gute, die zwar nicht lautet "Gerade heute schwänze dein Leben", aber "Gerade heute sorge dich nicht". Und wie mir eine ganz bezaubernde 70jährige Kundin aus London jüngst ihr Lebenselexier-Geheim-Rezept anvertraute: "Wenn ich mir Sorgen um etwas mache, sage ich, ach, was solls, ich denke morgen darüber nach. Und morgen sage ich mir das vielleicht noch einmal. Übermorgen kann es sein, dass das Problem schon nicht mehr da ist." Danke, Diane.

Freitag, 27. August 2010

"ich liebe mich"

"Ich liebe mich." Ja, genau, mich selbst und persönlich, nicht dich, na schön, dich vielleicht auch, aber jetzt erst einmal mich. Wahrlich nicht selten rümpfen meine Klientinnen und Schülerinnen (wirklich die Mädels und nicht die Herren, die lächeln eher wissend) ihre einzigartigen und wunderschönen Nasen, wenn ich ihnen mit dieser Affirmation als Auffoderung zur gelebten Eigenliebe und ohne Grenzen positiven Selbstbetrachtung komme. Und ich erinnere mich nur zu gut an diesen winzigkleinen, kurzen, flotten Satz, den mir vor 13 Jahren meine damalige Reikilehrerin ans Herz gelegt und der mich damals ganz schön ins Schwitzen gebracht hatte. "Ich liebe mich" - Himmel, was ist denn so schlimm daran, frage ich heute mit einem Schmunzeln in die Runde. Und schließlich ist das ja noch nicht alles, sondern erst der Einstieg in die voll wirksame, esoterisch-ganzheitliche Annehm-Übung. Abstrakt gehalten gehts ja noch über die Lippen, aber dann, mit der überaus sinnvoll therapeutischen Ergänzung, sich den kleinen feinen Satz doch bitte genau dann zu sagen, während man splitternackt (und allein) vor dem Spiegel steht und sich betrachtet, vor einem großen Ganzkörperspiegel natürlich, nun denn, es kommen einige Zweifel auf. Dabei hat uns schon ein emazipierter Mann vor tausenden von Jahren beruhigt und "liebe deinen nächsten wie dich selbst" verordnet, also erst einmal sich selbst so richtig ins eigene Herz zu schließen, bevor wir behaupten können, einen anderen mit Emotionen zu beglücken, die uns selbst für uns selbst fremd sind. Wie konnte das alles nur geschehen? Diese Verwirrung. Schieben wir es nicht auf die Werbung, das gesellschaftliche Bild, oder was auch immer, sondern fassen wir uns jetzt an die eigene einzigartige und wunderschöne Nase, und sagen "yes, we can". Und auf einmal treffen wir die Menschen, die uns nicht trotz allem, sondern wegen allem mögen, nett finden - und lieben. Vielleicht praktizieren genau die ja auch die "Ich liebe mich"-Übung vor dem Spiegel.

Mittwoch, 25. August 2010

gerade heute sei dankbar

"gerade heute sei dankbar", sagt eine der fünf Reiki-Usui-Lebensregeln, und das fällt mir gerade heute super leicht. Gerade heute bin ich nämlich dankbar für die wunderbaren Männer, die uns zum Lachen bringen. Von ganzem Herzen. Und das dürfen auch ruhig mal die Männer in Badehosen sein, die Unrasierten, vom Tag Übriggebliebenen, die an der Poolbar den Tag und den Abend zugleich feiern, die in der noch prallen Vor-Abendsonne einen erhitzen Kopf vergeblich mit eiskaltem Bier zu löschen versuchen. Die einem eine Kusshand zuwerfen, obwohl man sichtbar verschwitzt von der Arbeit, ohne Frisur und Make-up und mit den schmutzigen Handtüchern der Hotelgäste und Reiki-Klienten auf dem Arm daherschlappt. Die durchweg und absolut sympatischen großen Jungen, bei denen wir gar nicht anders können, als mindestens zu schmunzeln und noch besser - im Idealfall - einfach loszulachen. Mit einem kleinen bisschen Mitleid in Gedanken an den schweren Kopf des nächsten Tages, bei dem sich die Jungs gleich morgen früh mit immens hoher Wahrscheinlichkeit am liebsten wieder ins körperliche Vergessen des Bierkomas vom Abend vorher fallen lassen möchten. Und ich bin dankbar für den einen Mann, den Besonderen, der mich eine halbe Stunde später zu einem gemeinsamen Kaffee erwartet, der mir ein Lachen auf mein doch etwas müdes Gesicht zaubert, mir die offenen Arme entgegenstreckt und mich Zuhause sein lässt. Wofür ich morgen dankbar sein werde, lässt sich abwarten. Für heute ist mein Ergebnis absolut zufriedenstellend.