"Und was macht sie jetzt so beruflich?" "Oh, sie ist NUR Kellnerin" - ja hallo, wo sind wir denn? Da wird der smalltalk glatt zum mini-mikro-talk, denn mit einigermaßen intelligenter Kommunikation hat das wohl nichts mehr zu tun. Dass heute so ein Ausspruch überhaupt noch möglich ist! Hab ihn doch in der Tat wieder einmal gehört. Mit dem alles entscheidenden und missbrauchten Wörtchen "nur". Und ich dachte, solche engstirnigen Bewertungen fern ab von Feingefühl, ohne tiefes Wissen um die endlosen Möglichkeiten menschlichen Selbstausdruckes und einfach dumm daher geplappert wären nun wahrhaftig aus der Mode. "Nur" - was heißt denn überhaupt "nur"? Was macht dieses an sich durchaus sinnvolle Indefinitpronomen an solch unangemessener Stelle? Was ist das denn für eine anmaßende Einschränkung eines Berufszweiges, einer Person? Gerade gestern Abend beispielsweise hat mir eine sehr nette Dame im Dienstleistungsservice, sprich eine Kellnerin, quasi das Leben gerettet und mir nach einem intensiven Arbeitstag halb-am-Verhungernde mit freundlichem Lächeln mein lecker zubereitetes Nachtmahl serviert. Wie schön! Und auch ein herzliches Dankeschön an den Koch, der mir diesen wunderbaren Genuss ermöglicht hat. Und wehe, es sagt nun einer, ach, der ist ja "nur" Koch! Hey, Vorsicht! Der Mann ist ein Künstler! Meine Urgroßonkel mütterlicherseits waren "nur" einfache Kumpel unter Tage, und nicht nur, damit andere warme Füße hatten. Das waren wunderbare Menschen mit großem Pflichgefühl und einem noch größeren Herzen, die ihre Familien versorgten, mit ehrlicher, knallharter Arbeit. Ein Bekannter ohne Schulabschluss hat sich "nur" seinem Hobby verschrieben und macht jetzt richtig gutes Geld mit seinen Computerkenntnissen, die er sich nur mal so nebenbei (haha) angeeignet hat. Ich selbst habe während meines Studiums in einer Fabrik gearbeitet, in der Frauen Jahrzehnte nichts anderes taten, als "nur" Plastikflaschen in Kartons zu verpacken - um mit genau diesem Job ihre Familien finanziell aufzufangen. Reich geboren werden kann jeder, aber um dann mit vollem Einsatz seine Arbeit zu erfüllen - egal ob als Kellnerin, als Landwirt, im Büro, bei der Müllabfuhr, als Herzchirurg oder Literaturprofessor - dazu muss man sich schon seiner Berufung stellen. Und selbst, wenn man nicht immer genau den Job machen kann, den man sich erträumt, und das egal aus welchen Gründen, gehört "nur" denen, die tagtäglich ihr Bestes geben, tatsächlich arbeiten und nicht nur unqualifiziert daher reden, meine größte Hochachtung.
Gefällt mir sehr gut dieser Blog! Auch wenn ich NUR Hausfrau und Mutter bin ;-)
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