Montag, 13. Dezember 2010

wir lassen wachsen

Die erste unangenehme Körperbehaarung, die mein Leben berührte, offenbarte sich in Form eines quasi eigentlich gar nicht vorhandenen Schnurrbarts, mitten im Gesicht meines ersten festen Freundes. Ein so ganz und gar unschöner, dabei mehr als leicht kratziger Flaum über seiner Oberlippe, an der es ansonsten gar nichts auszusetzen gab. Es stellte sich dann schnell heraus: Diese potentielle Bärtchen-Linie gefiel vor allem seiner Mutter, und meine Alarmglocken hätten sturm-läuten sollen, doch was soll´s, ich war jung. Zumindest zeigte er sich dann kooperativ, was meine Wenigkeit anging: "Ich rasiere ihn ab, aber nur, wenn du diese komischen weißen Häärchen an deiner Wange wegmachst!" kommt er mir dann immerhin entgegen. Touché. Diese Häärchen kurz vor meinem Haaransatz sind ein genetisches Erbstück meiner Mutter, und das daran etwas falsch sein könnte, war mir nie in den Sinn gekommen. Nun gut, immerhin hatte ich einen Deal. Und so erstand ich im zarten Alter von knapp 18 Jahren meinen ersten Rasierer. Oh mein Gott, höre ich die heute 12jährigen entsetzt aufstöhnen, so lange warst du Jungfrau? Ich meine im rasurtechnischen Sinne, natürlich. Und ja, war ich. Im Laufe der Jahre entdeckt frau dann so einiges, was sie wegrasieren kann, bei sich oder auch einem anderen. Und ich hätte es nie für möglich gehalten, dass Enthaaren ein so umfangreiches Thema sein kann! Zu meiner Studienzeit im alternativ angehauchten Marburg wurde ich dann belehrt, dass frau auf gar keinen Fall enthaaren "darf"! Das würde ihr Frausein total beschneiden, so die emanzipatorisch auf der Höhe weilenden Unihexen in ihren lila Latzhosen und selbstgestrickten, nur leider oft nicht selbstgewaschenen Turbomusterpullis, mit den immerhin passenden dicken Socken in Birkenstock. Große Güte! Was tun? Also immer schön die Arme nach unten und die rasierten Achselhöhlen bedeckt halten. Als Medienwissenschaftlerin hatte man es eh nicht leicht, unter dem Druck der Soziologinnen und Politologinnen ein wissenschaftliches Bein auf die Erde zu kriegen. Und wer macht schon ein Gruppenreferat mit einer Rasierten? Später wurde dann alles irgendwie lockerer gehandhabt, und auch den Herren der Schöpfung wurde ein Wachsen und Enthaaren an die männliche Brust gelegt. Tom Sellek, ade. Das war allerdings nur ein geschickter Schachzug der flachbrüstigen Jungs, behaupte ich mal, bei denen sowieso kein Haar zu rupfen war. So glaubten sie sich einfach wieder im Geschäft! Ha, weit gefehlt! Jedes Jahr im Frühling sprießen derweil die neusten Tipps und Trends ums Enthaaren, Rasieren, Wachsen auf dem bunten Markt der Cosmetik-Branche. Und was kommt sie uns dann jetzt mit diesem haarigen Thema, zur Winter-Weihnachtszeit, mögen meine geschätzten Leserinnen und Leser wohl denken. Ich verrate es auf der Stelle: ein neuer Trend holt uns ein und überholt uns vielleicht sogar bis zur nächsten Bikini-Saison. Frau lässt wieder wachsen, aber diesmal im "wir tragen wieder lang"-Sinne! Was sagt man dazu. So kämen die Unihexen doch noch zu ihrem angekündigten Emanzipations-Sieg in punkto Körperoptik. Und diesmal machen es uns die Schönen aus Hollywood vor! Ja dann! Diverse Schauspielerinnen, so ging es wie ein Lauffeuer durch die Weltpresse, bekennen sich zu ihrer Körperbehaarung und tragen Wildwuchs! Also, lieber Weihnachtsmann, schau mich nicht so skeptisch an, ich wünsche mir nun doch keinen Gutschein über eine Ganzkörperenthaarung wie jedes Jahr, sondern passend zum neuen Look einen rassigen, kuscheligen Baumwoll-Wildkatzen Schal mit Leopardenmuster!

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