Ich gehöre keiner Religion an und besuche Kirchen vorrangig meiner geliebten Buntglasfenster wegen. Ich gehöre zu keiner Sekte, noch nicht einmal zu einem Dachverband oder gar Sportverein. So ganz nebenbei, nur dem ADAC bin ich seit meinem ersten Führerschein-Tag treu, und dank meiner alten Autos habe ich auch öfter regen Kontakt zu den gelben Engeln, als mir lieb ist. Aber das ist ein ganz anderes Thema. Worum es mir geht: ich zähle mich selbst zu keiner Glaubens-Gemeinschaft und lege äußersten Wert auf meine Eigenständigkeit. Auch gerade deshalb bin ich von Reiki überzeugt, denn ich wurde gelehrt, dass die Würde des Einzelnen unantastbar ist. Dass eine Reikibehandlung oder Einweihung wie ein Satsang stattfinden sollte, wie eine heilige Begegnung, und das immer der Respekt vor dem, der sich mir anvertraut, das Maß ist. Aber auch das ist irgendwie ein anderes Thema. Worauf ich eigentlich hinaus will, ist, dass ich zwar nicht religiös bin, aber dennoch bete. Und zwar mit Vorliebe einen ganz alten, traditionsbehafteten heiligen Text: das Vaterunser. Alles andere als bibelfest, sind genau diese Textzeilen irgendwie bei mir haften geblieben und ich scheue mich nicht, zu diesen zu stehen. "Vater unser im Himmel", so beginnt das Gebet. Und ich verbinde mich mit einer höheren Macht. Ich würde sie auch "die Quelle von allem, was ist" nennen, oder den "Großen Geist", doch mir gefällt durchaus die Idee, einen väterlichen Aspekt wachend über mir zu haben. Jemanden, den ich um Hilfe bitten kann. "Geheiligt werde dein Name" - spricht nichts dagegen, mit Respekt (hier haben wir ihn wieder) dem gegenüberzutreten, dem ich mich ja jetzt anvertraue. Und schaut man einmal in die Runde: Gott hat Unglaubliches geleistet! Heiliges ohne Ende. Die Natur. Die Tiere. "Dein Reich komme, dein Wille geschehe" kann ich nur unterstreichen, denn der Gott, an den ich glaube, ist ein Liebender. Ein Gütiger. Ein Geduldiger. Und so viel mehr. Und ich schätze, sein Plan ist ein hervorragender. Es fühlt sich einfach so an. Nur, dass wir Menschen alles eben menschenmögliche tun, um diesen Plan platzen zu lassen wie die Seifenblase des Lebens. "wie im Himmel, so auf Erden", geht es weiter, und es erinnert mich an einen alten Freund, der vor Jahren zu mir sagte, halb traurig, halb belustigt: "alle hoffen, nach dem Tod, auf das Paradies, dabei sieht keiner genau hin und erkennt, dass wir bereits im Paradies leben! Hier auf der Erde. Jetzt." "Unser tägliches Brot gib uns heute", lass uns nicht hungern, gib uns einen Rat, uns vernünftig zu nähren, auch seelisch. "und vergib uns unsere Schuld" - an diesem Satz arbeite ich immer wieder, denn an Schuld glaube ich nur bedingt. Ich betrachte das Leben, auch dank meiner zahlreichen wunderbaren Lehrer, als großes Lern-Projekt, aber klar, schuldig im Sinne der Anklage sind wir alle öfter, als wir denken, und es tut gut zu wissen: egal, wie wir es wieder einmal verbockt haben, anderen gegenüber, aber auch vor allen Dingen uns selbst gegenüber, in dem wir uns nicht treu waren, liegt uns bildlich betrachtet eine liebende Hand auf der Schulter, die signalisiert, es ist ok. Und ich mache mit einem Seufzen weiter in meinem Leben. Mit dem Optimismus, die entscheidende Kurve zu kriegen. "Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern" funktioniert dann auch einfacher, wenn wir das, was uns durch andere widerfahren ist, als Lern- und Entwicklungsprozess betrachten können. Ganz ehrlich: Das macht die Sache an sich meistens nicht besser, aber das Loslassen gelingt. "Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen." Auch hier noch einmal: Hilf mir, mir selbst treu zu sein. Mich angemessen zu verhalten. Das Licht zu sein, das du in der Welt sehen möchtest. "Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit, Amen." So sei es. Ist doch eine runde Geschichte, finde ich. Für mich aktueller denn je. Und dieses Gebet ist pure Meditation für mich. Danach geht es mir immer besser. Dabei komme ich zur Ruhe. Ich wünsche euch allen, und sicherlich nicht nur in der Weihnachtszeit, den Mut zu beten. Eure eigenen Gebete zu finden und loszuschicken. Um Hilfe zu bitten. Um sich selbst zu überdenken. Um Hoffnung zu schöpfen. Und sei es nun mit einem alten Gebet oder in neuen Worten.
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